Regelmäßig wird das s4f-Team in die Tiefen seines Filmarchivs hinabtauchen
und mit kurzen Clips über die Anfänge der Gaffel-Szene in Deutschland berichten:
Am Nachmittag des 15. September 1977 lief bei der Muche-Werft in Hamburg-Allermöhe die Ijssel-Aak ROSINANTE ein zweites Mal von Stapel. In mehrjähriger Arbeit hatte der damalige Eigner den mit einem Hausboot-Aufbau versehenen Rumpf zu einer schön restaurierten Tjalk umgebaut. – In Allermöhe entstanden wieder die stilgerechten Ladeluken und Decksaufbauten. In unermüdlicher Eigenarbeit und mit Hilfe vieler Freunde wurde aus einem unattraktiven „Wohnschiff“ ein liebevoll restaurierter Lastsegler. Die 70iger Jahre waren für die Freunde alter Gebrauchssegler eine Zeit des Aufbruchs. Überall an den Küsten und entlang den Flüssen auf Werften und in den Häfen steckten die Enthusiasten jede Menge Geld und Arbeitszeit in den Rückbau traditioneller Schiffe für den Eigengebrauch. Ganz nebenbei blieb dabei ein wichtiges Kulturerbe erhalten. Um sich auszutauschen und Freud und Leid bei der mühevollen Knochenarbeit zu teilen, gründete sich die lockere Gemeinschaft der FREUNDE DES GAFFELRIGGS. Damals ahnte noch niemand etwas von regulierungs-süchtigen Behörden auf der einen Seite und Funktionärstümelei auf Seiten der Gaffel-Freunde, wie sie heute zelebriert wird (s. auch unser KOMMENTAR).
KOMMENTAR:
Schlimmer geht’s nimmer. Vorbei am Messestand eines Seebestattungs-Instituts geht es zum Schauplatz des diesjährigen Wintertreffens der Gaffelfreunde, einem dürftig mit Vorhängen abgeteilten Bereich der Messehalle 5 in Bremen. Eingeladen hat der BOATFIT-Veranstalter.
Hier tagen seit 14.00 bis 17.00 Uhr die Vertreter der Traditionsschiffszene: AGDM (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen) und GHSW (Gemeinsame Kommission für Historische Wasserfahrzeuge). Sie haben offenbar Gewichtiges zu bereden. Das „Fußvolk“ hat erst kurz vor 17.00 Uhr Zutritt. Sie dürfen den letzten Sätzen eines Vortrages lauschen: Der Redner will die Museumshäfen mit Hilfe von Multimedia-Angeboten auf I-Phones das touristische Potenzial dieser „Locations“ besser vermarkten, um mehr „Kohle“ zu generieren.
Angst vor „Bussen voller Rentner“ sei unbegründet, so der Werbestratege, ja, und er könne seine Vorschläge schon bald für die GAFFELFREUNDE umsetzen. In 14 Tagen werde er arbeitslos und dann bräuchte er einen neuen Job. Danach beginnt das offizielle Wintertreffen.
Wie immer können die Mitglieder hier ihre Projekte vorstellen und Ideen verbreiten. Diesmal wird eher Bekanntes dargestellt, z. B. das Projekt MYTILUS, das Schiffsarchiv oder der Hafen in Lüneburg. Lediglich die „Entdeckung“ kleiner Transportkähne im Nordfriesischen und der Nachbau eines Nolde-Bootes sind eine gewisse Novität. Am Schluss erhält die AGDM noch 7 Minuten Zeit für wenig aussagefähige Inhalte über das vergangene Geschäftsjahr. Gott sei Dank sieht das Programm jetzt eine Pause vor. Die durchweg greisen Gaffler sind hungrig und durstig. Das Catering hat die BOATFIT organisiert. Einfallslos, teuer aber routiniert organisiert. Es reicht uns. Wie heißt es doch: Das Schönste an Bremen ist die schnelle Zugverbindung nach Hamburg. Muße für die Erinnerung an gehaltvollere Veranstaltungen. Als noch Schiffcrews das Essen und Trinken besorgten, die Räume maritimen Flair vermittelten und die Referenten die Geschichte ihrer Restaurierungsobjekte inklusive der Einladung zum Stapellauf vortrugen. Aber wenn auch wir den Dienst der Seebestatter in Anspruch genommen haben, wird vermutlich niemand mehr diese Zeiten vermissen.
Peter Kaufner / Finkenwärder Gaffel-Consortium.